Wissen

Was das Reizdarmsyndrom ist und wie du es loswirst

Alles über das Reizdarmsyndrom

Eins muss ich dir vorweg gleich sagen: Jeder Reizdarm ist anders, daher gibt es nicht den einen ultimativen Fahrplan, der garantiert jedem hilft. Aber es gibt unterschiedliche Ansätze, die dir helfen können, deine Symptome zu verringern.

Aber fangen wir erstmal vorne an!

Hier findest du einen Überblick darüber, was dich in diesem Beitrag erwartet:

Was ist das Reizdarmsyndrom?

Beim Reizdarmsyndrom (RDS oder Irritable Bowl Syndrom IBS) handelt es sich um eine Erkrankung des Magen-Darm-Traktes. Weltweit leiden etwa 7-25% der westlichen Bevölkerung unter dem Reizdarmsyndrom. In Deutschland geht man von etwa 9-10 Millionen Betroffenen aus, wobei Frauen häufiger betroffen sind als Männer.

Welche Symptome treten beim Reizdarm auf?

Das Reizdarmsyndrom äußert sich durch vielfältige Symptome. Diese können einzeln oder kombiniert auftreten:

  • Bauchschmerzen oder -krämpfe, meist in der unteren Bauchhälfte, die nach den Mahlzeiten schlimmer werden und sich nach dem Stuhlgang bessern.
  • Blähungen
  • deutlich sichtbarer Blähbauch (Meteorismus)
  • Völlegefühl
  • Durchfall
  • Verstopfung
  • Verstopfung im Wechsel mit Durchfall
  • Veränderungen der Stuhlhäufigkeit und/oder -form
  • schleimiger Stuhl
  • Gefühl der unvollständigen Entleerung

Neben diesen Symptomen können auch andere Beschwerden auftreten, die nichts mit dem Darm zu tun haben:

  • Kopfschmerzen
  • Migräne
  • Schlafstörungen
  • Beckenschmerzen
  • Fibromyalgie
  • Energiemangel
  • Müdigkeit
  • allgemeines Unwohlsein/Krankheitsgefühl
  • Sodbrennen

Diese Beschwerden sind sehr belastend und können einen gewaltigen Einfluss auf die Lebensqualität haben. Daher können sie auch psychische Erkrankungen hervorrufen.

Wichtig zu wissen ist auch, dass die Symptome nicht nur kurzfristig auftreten, sondern über einen längeren Zeitraum (mindestens 3 Monate) bestehen. Häufig verschlimmern sie sich in Stresssituationen und bessern sich dann, wenn der Stress weg ist. Genauso können aber auch zufällige Symptom-Episoden auftreten, die keine offensichtlichen Auslöser haben. Oder lange Perioden mit Symptomen werden gefolgt von langen symptomfreien Perioden.

RDS-Subtypen

Je nachdem, welche der Beschwerden vorherrschend sind, werden die folgenden RDS-Subtypen definiert:

RDS-O (obstipationsdominantes Reizdarmsyndrom)

IBS-C (Irritable Bowel Syndrome with Constipation)

Reizdarmsyndrom, welches überwiegend mit Verstopfung einhergeht. Eine Verstopfung liegt allgemein dann vor, wenn der Stuhl nicht oft genug abgeht (weniger als dreimal pro Woche). Harter, klumpiger, schwer entleerbarer Stuhlgang oder das Gefühl, dass sich der Darm nicht vollständig entleert, sind Anzeichen einer Verstopfung.

Bei IBS-C bessern sich die Bauchbeschwerden häufig nach einem Stuhlgang. Die Symptome sind in den meisten Fällen chronisch.

RDS-D (diarrhoedominantes Reizdarmsyndrom)

IBS-D (Irritable Bowel Syndrome with Diarrhea)

Reizdarmsyndrom, welches überwiegend mit Durchfall einhergeht. Durchfall liegt dann vor, wenn der Stuhl breiig oder flüssig ist und mindestens 3 mal täglich erfolgt.

IBS-M (Irritable Bowel Syndrome Mixed)

IBS-A (Irritable Bowel Syndrom alternating)

Reizdarmsyndrom, das wechselweise mit Verstopfung und mit Durchfall einhergeht.

IBS-U

IBS-U ist ein undefinierter Subtyp, der mit unterschiedlichen Symptomen verbunden ist, welche nicht zu den oben genannten Typen passt.

Da die Symptome sehr vielfältig sind, ist es sehr wichtig, dass andere Erkrankungen von einem Arzt ausgeschlossen werden. Ähnliche Symptome werden u.a. hervorgerufen durch:

  • Nahrungsmittelunverträglichkeiten, wie z.B. eine Glutenunverträglichkeit (Zöliakie), eine Laktose-, Fruktose- oder Sorbitintoleranz
  • Nahrungsmittelallergien
  • andere entzündliche Darmerkrankungen, wie z.B. Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa
  • Fehlbesiedelungen des Darms
  • eine Magenschleimhautentzündung (Gastritis)

Wann muss ich zum Arzt?

Generell solltest du zum Arzt gehen, wenn du schon längere Zeit unter einem oder mehreren RDS-Symptomen leidest. Definitiv musst du zum Arzt, wenn du zusätzlich folgende Symptome hast:

  • bei Blut im Stuhl
  • deine Beschwerden gehen einher mit Fieber
  • bei nächtlich auftretenden Beschwerden
  • die Beschwerden werden immer schlimmer
  • bei unerklärlichem Gewichtsverlust
  • bei Vorbelastungen in der Familie (z.B. Darmkrebs oder Eierstockkrebs)
  • wenn die Veränderung deiner Stuhlgewohnheiten erstmalig auftreten, wenn du über 50 Jahre alt bist und länger als 6 Wochen andauern

Diese weisen nicht auf ein Reizdarmsyndrom hin und können möglicherweise Anzeichen für eine ernsthafte Erkrankung sein, die unbedingt mit einem Arzt abgeklärt werden muss.

Auslöser des Reizdarmsyndroms

Die genaue Ursache des Reizdarmsyndroms ist noch unbekannt. Experten glauben aber, dass eine Reihe von Faktoren oder sogar die Kombination mehrerer Faktoren, bei der Entstehung eine Rolle spielen:

Reizdarmsyndrom Ursachen

Störungen in der Darm-Hirn-Achse

Was ist denn Bitteschön die Darm-Hirn-Achse? Magen-Darm-Trakt und Gehirn kommunizieren miteinander. Lange dachte man, dass diese Kommunikation nur einseitig von Hirn zu Darm stattfindet, dem ist aber nicht so. Ganz im Gegenteil sogar: 90% der Informationen werden vom Darm an das Gehirn gesendet.

Darm-Hirn-Achse

Forscher vermuten nun (unter anderem), dass Störungen in der Darm-Hirn-Kommunikation die klassischen RDS-Symptome verursachen. 

Veränderte Darmflora

Darüber hinaus deuten Forschungen darauf hin, dass Darmbakterien – das Darmmikrobiom – eine große Rolle dabei spielen, dass es zu Fehlkommunikationen zwischen Gehirn und Magen-Darm-Trakt kommt. Hier wurde jüngst festgestellt, dass es bei RDS-Patienten zu einem Ungleichgewicht von „guten“ und „schlechten“ Bakterien in ihrem Darm kommt.

Es wird auch vermutet, dass Diabetes das Risiko für RDS erhöht. Der erhöhte Zuckergehalt kann zu bakteriellen Fehlbesiedlung sein, welche die RDS-Symptome auslöst.

Erhöhte Darmempfindlichkeit

Manche Menschen haben aufgrund einer höheren Sensibilität ihres Nervensystems eine erhöhte Schmerzempfindlichkeit im Darm. Dies nennt man Hyperalgesie oder viszerale Empfindlichkeit. Patienten empfinden dann mehr Schmerzen bei an sich normalen Darmbewegungen wie Dehnung oder Zusammenpressen. Ihr System reagiert also einfach früher auf normale Reize mit Schmerzen.

Man geht davon aus, dass etwa 60% der RDS-Patienten unter dieser gesenkten Schmerzschwelle leiden.

Infektionen

Zudem gibt es Patienten, die RDS aus einer früheren infektiösen Magen-Darm-Erkrankung entwickeln. Dies wird als postinfektiöses Reizdarmsyndrom bezeichnet und ist bei bis zu 17% der Patienten der Fall. Sie kann Wochen, Monate oder sogar Jahre nach einer Infektion andauern.

Veränderungen der Darmmotalität

Die Darmmotalität bezeichnet die Eigenbewegung des Darms. Bei manchen Menschen mit Reizdarmsyndrom kann sich die Nahrung zu langsam oder zu schnell durch den Verdauungstrakt bewegen, was zu Veränderungen des Stuhlgangs führt. Ist die Bewegung durch den Darm zu schnell, kann das Durchfall verursachen, ist die Bewegung zu langsam, kann das zu Verstopfung führen.

Forscher gehen davon aus, dass dies bei mehr als 30% der Patienten auftritt

Leaky-Gut-Syndrom

Das Leaky-Gut-Syndrom ist eine Verdauungsstörung, die die Darmschleimhaut betrifft. Aufgrund einer unnatürlich starken Durchlässigkeit der Darmschleimhaut können Bakterien und andere Fremdstoffe in die Blutbahn gelangen und so eine Immunreaktion auslösen.

Obwohl Stress und Angst nicht als Ursache für RDS angesehen werden, können sie eine wichtige Rolle bei der Verschlimmerung der Symptome spielen.

Diagnose des Reizdarmsyndroms

Laut dem deutschen Reizdarmselbsthilfe-Verein dauert es im Schnitt ca. 2,7 Jahre bis bei einem Betroffenen die Diagnose Reizdarm gestellt wird. Das liegt daran, dass es kein diagnostisches Verfahren gibt (es gibt ja auch keine genaue Ursache). Die Diagnose wird im Ausschlussverfahren gestellt und basiert weitestgehend auf Symptomen. Das heißt, RDS wird normalerweise erst dann diagnostiziert, wenn alle anderen Ursachen der Symptome, wie Infektionen oder Krankheiten, ausgeschlossen wurden.

Wie läuft das ab?

Um alle anderen Ursachen auszuschließen, muss ein Arzt (z.B. ein Gastroenterologe) deine vollständige Krankengeschichte prüfen und dich körperlich gründlich durchchecken. Hierbei werden Blut-, Urin- und/oder Stuhltests vorgenommen und du wirst auf Zöliakie, Laktoseinteroleranz, Fruktosemalabsortpion oder eine Dünndarmfehlbesiedelung (SIBO) untersucht. Abhängig von den Symptomen können auch CT-Scans, Röntgenaufnahmen oder eine Darmspiegelung durchgeführt werden, um chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa) oder Darmkrebs auszuschließen. 

Eins steht fest: Es gibt schönere Dinge, als Gespräche mit deinem Arzt über unangenehme Darmprobleme. Vergiss aber nicht, dass dein Arzt die Probleme kennt und es dir nicht peinlich sein muss. Du kannst dir den Prozess aber erleichtern und dir vorab schon ein paar Gedanken machen. Was möchtest du besprechen? Welche Symptome hast du? Wie lange hast du diese schon? Und so weiter. Dann musst du im Gespräch nicht lange nachdenken und vergisst auch nichts Wichtiges. 

Denn seien wir ehrlich, es gibt schönere Dinge, als Gespräche über unangenehme Darmprobleme.

Lade dir die Checkliste zur Vorbereitung auf deinen Arztbesuch runter.

Die Rom-Kriterien

Wenn die Diagnose nur über das Ausschlussverfahren gestellt wird, dann muss es ja auch konkrete Kriterien für die Diagnose geben, oder? Genau richtig. Diese wurden sogar schon 1988 das erste Mal festgelegt: Auf dem 13. Internationalen Kongress für Gastroenterologie in Rom. Daher heißen diese Kriterien auch Rom-Kriterien. Die Kriterien werden stets neu bedacht und gelten daher auch heute noch als Grundlage für die Diagnose.

Aktuell gelten die Rom IV-Kriterien von 2016:

Du musst innerhalb der letzten 3 Monate mindestens einen Tag pro Woche unter wiederkehrenden Bauchschmerzen (Krämpfe, krampfartige Bauchschmerzen, Blähungen, Blähbauch oder Völlegefühl) leiden. Diese müssen mit mindestens zwei der folgenden Kriterien einhergehen:

  • Im Zusammenhang mit der Stuhlentleerung.
  • Veränderung der Stuhlbeschaffenheit/Veränderung der Form (Aussehen) des Stuhls
  • Veränderung der Stuhlfrequenz (Durchfall, Verstopfung oder sogar Beides im Wechsel)

Diese Beschwerden müssen nicht nur in den letzten 3 Monaten vorhanden sein, sondern sie müssen auch vor mindestens 6 Monaten begonnen haben. Somit kann die Diagnose Reizdarm frühestens 6 Monate nach Beginn der Symptome diagnostiziert werden.

Dein Weg zur Diagnose

Falls du noch keine Diagnose Reizdarm hast, solltest du zunächst das Gespräch mit deinem Hausarzt suchen. Dieser überweist dich dann für weitere Untersuchungen an einen Gastroenterologen. Bereite dich am besten gut auf die Gespräche vor, damit du im Eifer des Gefechts nichts vergisst. Verwende dazu gerne meine Checkliste “Vorbereitung auf den Arztbesuch”.

Erfüllst du die Rom Kriterien müssen weitere Untersuchungen durchgeführt werden, damit sichergestellt wird, dass keine anderen ernsthaften Erkrankungen deine Symptome hervorrufen. Können diese ausgeschlossen werden, erhältst du die Diagnose Reizdarm.

Reizdarmsyndrom Diagnose

Behandlung des Reizdarmsyndroms

Super, jetzt hast du also die Diagnose Reizdarm. Und wie geht es nun weiter? Hast du von deinem Arzt Empfehlungen bekommen oder fühlst du dich mit der Diagnose alleine gelassen? Wie ich es eingangs schon gesagt habe, gibt es leider keine Pille oder keine allgemeingültige Behandlung, die allen RDS-Patienten hilft. Auch kein Test für zu Hause (seien es Stuhlproben, Haar- oder Blutproben), der mit großen Versprechungen daher kommt, kann dir eine ultimative Therapie bieten.

Vielmehr solltest du nun ganz achtsam deinen eigenen individuellen Weg finden. Einen Weg, der dir hilft, deine Symptome zu lindern und herauszufinden, was deinen Reizdarm triggert. Denn jeder Reizdarm ist anders.

Beschäftige dich zunächst mit deinem eigenen Lebensstil: Wie sieht dein Ernährungsverhalten aus? Wie viele Fertigprodukte nimmst du zu dir? Wie viele Zusatzstoffe? Wie viel Zucker? Wie sieht deine generelle Lebensmittelauswahl aus? Isst du oft außerhalb oder kochst du selbst?

Eine signifikante Linderung der Symptome kann z.B. mit der FODMAP Diät erzielt werden. 86% der Betroffenen* berichten über eine deutliche Besserung der Symptome. Möchtest du mehr darüber erfahren? Dann lies hier den Artikel über die FODMAP-Diät.

Neben deiner Ernährung solltest du deinen allgemeinen Lebensstil und dein Stressmanagement unter die Lupe nehmen: Wie viel Stress hast du und wie hektisch ist dein Leben? Wie reagierst du auf Stress? Was sind deine Stressoren und wie ist das Verhältnis von Anspannung zu Entspannung? Kannst du überhaupt entspannen oder bist du ständig unter Strom?

Da Stress deine Symptome verschlimmern kann, solltest du hier genau hinschauen. Entspannungsübungen wie autogenes Training oder progressive Muskelrelaxation, Meditation, Yoga, Achtsamkeits- und Resilienztraining können dir dabei helfen besser mit Stress umzugehen und Stress abzubauen. 

Hast du das Gefühl, dass du das nicht ohne Hilfe in den Griff bekommst? Dann denke über einen psychotherapeutischen Ansatz (z.B. eine kognitive Verhaltenstherapie) nach.

Bei besonders starken Symptomen kann eine medikamentöse Behandlung Abhilfe verschaffen. Es gibt viele Medikamente auf dem Markt, die die einzelnen Symptome des RDS lindern können. Problematisch ist es jedoch, wenn Du an mehreren oder wechselnden Symptomen leidest. Außerdem haben Medikamente oft auch eine Reihe von unerwünschten Nebenwirkungen.

Aus diesem Grund solltest du genau beobachten, wie dein Körper auf unterschiedliche Einflüsse reagiert. Ein Symptom-Tagebuch kann z.B. sehr gute Unterstützungsarbeit leisten, in dem Du sowohl deine Mahlzeiten dokumentierst, als auch andere Einflussfaktoren wie z.B. Stress erfasst. So kannst du Trigger und Zusammenhänge besser identifizieren.

Welche Erfahrungen hast du mit dem RDS gemacht? Wie lange hat die Diagnose bei dir gedauert? Hast du schon herausgefunden, was bei dir Symptome triggert?

Benötigst du Unterstützung? Sprich mich gerne an, ich bin für dich da!

FAQ

Klicke auf die Sterne um zu bewerten!

Durchschnittliche Bewertung 5 / 5. Anzahl Bewertungen: 21

Bisher keine Bewertungen! Sei der Erste, der diesen Beitrag bewertet.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

>
DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner Secured By miniOrange