PHGG: Ein Ballaststoff, der die Verdauungssymptome schon bei geringer Dosierung verbessert – zu schรถn, um wahr zu sein?

PHGG
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Gastartikel von: Benjamin Gullanger

Wenn bei dir das Reizdarmsyndrom oder SIBO (Dรผnndarmfehlbesiedlung) diagnostiziert wurde, hast du bei der Recherche nach Linderung deiner Symptome wahrscheinlich schon von PHGG gelesen. Die Abkรผrzung steht fรผr partiell-hydrolysiertes Guarkernmehl. Fรผr manche ist PHGG so etwas wie der heilige Gral der Ballaststoffergรคnzungen. Aber kann es diesem Hype wirklich gerecht werden? Im heutigen Artikel erfรคhrst du, wie PHGG sich von anderen Ballaststoffen unterscheidet – und ob es Belege fรผr die in den sozialen Medien aufgestellten Behauptungen gibt!

Was ist PHGG?

Partiell-hydrolysiertes Guarkernmehl ist ein wasserlรถslicher Ballaststoff, der aus der Guarbohne gewonnen wird, die hauptsรคchlich in Pakistan und Indien angebaut wird. Bestimmt hast du mal Guarkernmehl auf einem Lebensmitteletikett oder eine Zutatenliste gesehen. Guarkernmehl wird hรคufig als Verdickungsmittel und Stabilisator in der Lebensmittelindustrie verwendet. Es ist ein Prรคbiotikum, das leider auch als Histaminliberator bekannt ist. PHGG wird durch enzymatische Hydrolyse (Spaltung) von Guarkernmehl gewonnen.

Obwohl die ursprรผngliche Verwandtschaft von PHHG und Guarkernmehl es nicht unbedingt vermuten lรคsst, hat PHGG in seinen chemischen und sogar in einigen physiologischen Eigenschaften wenig mit Guarkernmehl gemeinsam. Schauโ€™ dir dazu diese Fakten an:

  • Guarkernmehl ist etwa 250-mal dickflรผssiger als PHGG, weshalb es zรคhflรผssig ist. PHGG hingegen lรถst sich leicht und fast vollstรคndig in Wasser auf.
  • PHGG kann die Symptome des Reizdarmsyndroms lindern – dafรผr gibt es eine Reihe wissenschaftlicher Belege, wรคhrend es fรผr Guarkernmehl keine Belege fรผr eine derartige Wirkung gibt.

รœbrigens: Es liegen derzeit keine gesicherten Hinweise vor, ob PHGG ein Histaminliberator ist oder ob es sich neutral bis positiv (hemmend) auf die Histaminfreisetzung verhรคlt. Allerdings hat PHGG nachweislich einen positiven Einfluss auf die Unterbindung der Ausbreitung von Proteobakterien. Letztere kรถnnen das Enzym Histidin-Decarboxylase, welches aus Histidin Histamin erzeugt, produzieren. Somit wird vermutet, dass PHGG sich neutral bis positiv bei Histaminintoleranz auswirkt.

Symptomlinderung – Wie schneidet PHGG im Vergleich zu anderen Ballaststoffen ab?

Wenn es um die Verringerung von Symptomen beim Reizdarmsyndrom geht, sind nur wenige lรถsliche Ballaststoffe so grรผndlich getestet worden wie PHGG. In drei randomisiert-kontrollierten Studien und mehreren weiteren klinischen Studien zeigte PHGG nachweislich positive Auswirkungen auf die Symptome des Reizdarmsyndroms, die Stuhlkonsistenz, die Transitzeit und die Zusammensetzung des Darmmikrobioms. 

Anfang 2024 wurde eine weitere Studie zu den Effekten von PHGG verรถffentlicht. In dieser Studie wurde Patienten mit Reizdarmsyndrom und chronisch entzรผndlicher Darmerkrankung (CED) zusรคtzlich zur medizinischen Standardbehandlung PHGG verabreicht. Das Ergebnis: Verbesserungen der Zusammensetzung des Mikrobioms, der Darmentzรผndung und der Symptome. 

Als Vergleich betrachte ich im Folgenden vier weitere FODMAP-arme Ballaststoffe, die hรคufig bei der Behandlung des Reizdarmsyndroms eingesetzt werden:

Akazienfaser

Akazienfaser ist ein weiterer lรถslicher Ballaststoff, von dem bekannt ist, dass er fรผr RDS-Patienten gut vertrรคglich ist. Obwohl Akazienfaser nachweislich die Verstopfung bei RDS-C-Patienten verbessert, hat sich nicht gezeigt, dass er die allgemeinen Symptome des Reizdarmsyndroms und anderer RDS-Subtypen verbessert.

Resistente Stรคrke

Resistente Stรคrke Typ 2 ist in geringer Dosierung als FODMAP-arm zertifiziert und kann von RDS-Patienten ohne Bedenken verzehrt werden. Obwohl sie sich positiv auf das Darmmikrobiom und den Histamingehalt auswirkt, gibt es keine Belege dafรผr, dass sie die Symptome des Reizdarmsyndroms verringern kann.

Resistentes Dextrin

Resistentes Dextrin ist ein weiterer Ballaststoff, der meist aus gentechnikfreiem Mais hergestellt wird. Da resistentes Dextrin langsam fermentiert, ist die Gasbildung gering, und Menschen mit Reizdarmsyndrom kรถnnen normalerweise relativ groรŸe Mengen davon verzehren, ohne dass sich die Symptome verschlimmern. Obwohl auch fรผr diesen Ballaststoff ein positiver Einfluss auf die Zusammensetzung des Mikrobioms und den Stoffwechsel nachgewiesen wurde, gibt es keine Belege in der Fachliteratur, dass resistentes Dextrin die Symptome des Reizdarmsyndroms positiv beeinflussen kann..

Flohsamen

Flohsamenschalen sind der einzige hier aufgefรผhrte Ballaststoff, der nach der verfรผgbaren Literatur mit PHGG vergleichbar ist, wenn es um die Verringerung der Symptome bei RDS-Patienten geht. Der Nachteil? Im Vergleich zu PHGG kรถnnen Flohsamenschalen recht schnell gelieren und sind daher fรผr den regelmรครŸigen Verzehr fรผr viele Menschen schlechter geeignet. PHGG hingegen lรถst sich vollstรคndig in Wasser auf und kann fast jedem Getrรคnk zugesetzt werden.

In der S3-Leitlinie fรผr das Reizdarmsyndrom (die von den meisten ร„rzten in Deutschland verwendet wird) wird empfohlen, lรถsliche Ballaststoffe in die Ernรคhrung einzubeziehen. Von den oben genannten Ballaststoffen stehen nur PHGG und Flohsamenschalen auf der Positivliste der Leitlinie; fรผr die anderen genannten Ballaststoffe gibt es keine Belege fรผr positive Effekte auf die Symptomlinderung bei Reizdarmsyndrom.

Ballaststoffe, die blรคhen? Nein, danke!

Der Verzehr von lรถslichen Ballaststoffen ist bekanntlich gut fรผr dein Darmmikrobiom, da sie nรผtzliche Darmbakterien ernรคhren. Werden die Ballaststoffe im Darm von den Bakterien verdaut, kommt es unweigerlich zu Gasbildung. Dies kann zunรคchst zu unerwรผnschten Blรคhungen und Flatulenzen fรผhren. Die Menge der entstehenden Gase hรคngt stark von der Struktur der Ballaststoffe, ihrem Molekulargewicht und der Zusammensetzung des Mikrobioms ab. 

Die gute Nachricht: Diese Symptome klingen in der Regel ab, wenn du Ballaststoffe anfรคnglich niedrig dosierst und die Dosierung รผber einige Wochen langsam erhรถhst.

Ein weiteres Produkt der Ballaststofffermentation sind so genannte kurzkettige Fettsรคuren (SCFA, aus dem englischen Short-Chained Fatty Acids). Diese sind Signalmolekรผle und dienen als Energiequelle fรผr deine Darmzellen. รœbrigens: Gasproduktion und SCFA-Produktion gehen meist Hand in Hand. Wenn keine Gasproduktion vorhanden ist, ist die SCFA-Produktion letztlich gering.

Eine Studie, die die Gas- und SCFA-Produktion verschiedener Ballaststoffe untersuchte, fand heraus, dass PHGG im โ€žSweet Spotโ€œ liegt – es erzeugt eine mittlere Menge an Gas und produziert reichlich von der kurzkettigen Fettsรคure Butyrat. Butyrat ist bekannt fรผr folgende Vorteile:

  • sie dient als Energiequelle fรผr deine Darmzellen
  • kann Entzรผndungen herunterregulieren
  • das Immunsystem regulieren
  • und verfรผgt รผber Antitumoreigenschaftenย 

Die oben erwรคhnte Studie ergab, dass PHGG im Vergleich zu Zuckerrohrbagasse und Akazienfasern eine gรผnstigere Butyratproduktion aufweist, wenn auch eine etwas hรถhere Gasproduktion. Mit anderen Worten: Wenn du einen nachweislich wirksamen Ballaststoff mit (immer noch) geringer Gasproduktion suchst, ist PHGG dein bester Freund.

PHGG – Dosierung und Dauer der Einnahme

Wie bei allen Ballaststoffen ist es ratsam, langsam mit der Einnahmemenge zu beginnen. Typischerweise bedeutet dies, mit 5 Gramm PHGG jeden Morgen zu beginnen – bereits mit 5 Gramm pro Tag wurden positive Auswirkungen auf die Stuhlkonsistenz und RDS-Symptome festgestellt! Der Nutzen von PHGG scheint jedoch bei hรถheren Dosierungen zuzunehmen.

Solltest du zu Beginn der Einnahme von PHGG irgendwelche Symptome verspรผren – die meisten Menschen vertragen PHGG von Anfang an sehr gut – kannst du mit 2,5 Gramm pro Tag anfangen. Oder du verteilst die 5 Gramm auf 2,5 Gramm morgens und 2,5 Gramm abends. Auf diese Weise sollte dein Mikrobiom in der Lage sein, das Plus an Gasproduktion zu bewรคltigen.

Im Laufe von 1-2 Wochen kannst du zu den 5 Gramm am Morgen weitere 5 Gramm am Abend und schlieรŸlich weitere 5 Gramm am Mittag hinzu nehmen. Oder 7,5 Gramm am Morgen und 7,5 Gramm am Abend. 15 Gramm PHGG pro Tag kรถnnen vom Darmmikrobiom gesunder Menschen nรคmlich vollstรคndig verstoffwechselt werden. Da der Nutzen von Ballaststoffen mit der Einnahmemenge zunimmt, sind diese 15 Gramm PHGG pro Tag ein theoretischer Richtwert, bei dem der Nutzen der Einnahme optimiert wird.

Nach etwa 3 Wochen einer Dosierung von 15 Gramm am Tag wird empfohlen, die tรคgliche Einnahme auf eine Erhaltungsdosis von 5-10 Gramm zu reduzieren. Diese solltest du mindestens 6 Monate lang beibehalten, da sich die positiven Auswirkungen auf dein Darmmikrobiom und deine Darmbarriere im Laufe der Zeit summieren.

PHGG – ein unsichtbarer Ballaststoff mit sichtbaren Vorteilen

Lรถsliche Ballaststoffe sind eine groรŸartige Ergรคnzung fรผr deine tรคgliche Ernรคhrung. Neben der Ankurbelung der Produktion kurzkettiger Fettsรคuren und der Verbesserung der Zusammensetzung deines Darmmikrobioms, verbessern Ballaststoffe wie PHGG und Flohsamenschalen nachweislich die allgemeinen Symptome aller RDS-Subtypen.

Ein weiterer Vorteil von PHGG ist, dass es geruchlos ist, sich vollstรคndig in Wasser auflรถst und so gut wie keinen Geschmack hat. Da es hitzebestรคndig ist, kannst du es sogar in den morgendlichen Kaffee oder Tee geben.

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PHGG

รœber den Autor:

Benjamin ist Grรผnder und Produktentwickler bei MIBIOTA. Wรคhrend seines Masterstudiums in Maastricht forschte Benjamin selbst zum Thema Mikrobiom. In seiner Freizeit wandert er gerne und geht klettern. Sein Wunsch ist es, dass alle Menschen einen gesรผnderen Darm und damit mehr Lebensqualitรคt haben.

Quellen

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/38653808/ โžŸ aufgerufen am 20.06.2024

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC10097138/  โžŸ aufgerufen am 20.06.2024

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35312171/ โžŸ aufgerufen am 20.06.2024

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34170392/ โžŸ aufgerufen am 20.06.2024

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/21382232/ โžŸ aufgerufen am 20.06.2024

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34891206/ โžŸ aufgerufen am 20.06.2024

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33028442/ โžŸ aufgerufen am 20.06.2024

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